Screening
Unter Screening versteht man ein systematisches Testverfahren, das eingesetzt wird, um innerhalb eines definierten Prüfbereichs Elemente herauszufiltern, die bestimmte Eigenschaften aufweisen.
Herkunft des Begriffs ist das engl. „to screen“, das sich umschreiben lässt als: „etwas auf den Bildschirm bringen“, mit der übertragenen Bedeutung „etwas der Aufmerksamkeit zuführen“
(lt. Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Screening )
Ein Screening-Test dient zur Unterscheidung von Personen, die genauerer Untersuchungen auf bestimmte Symptome bedürfen von jenen, bei denen dies mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erforderlich ist.
Im Schulbereich wird das Screeningverfahren in verschiedenen Bereichen eingesetzt.
Bei Verhaltensauffälligkeiten hilft es herauszufiltern, ob und welche spezifische Störung vorliegen könnte.
Im Bereich LESEN ermöglicht es, etwaige Risiken frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig entsprechende Förderprogramme zu starten:
Salzburger Lesescreening (SLS)
Das Salzburger Lesescreening (SLS) ist ein Lesegeschwindigkeitstest, der in österreichischen Schulen zum Einsatz kommt, um das Leseniveau von Schülern und Schülerinnen einzuschätzen und potentielle Risikokinder zu identifizieren. Es ist seit dem Schuljahr 2002/03 in der 3. Schulstufe, inzwischen auch in der 5. Schulstufe, verpflichtend durchzuführen (siehe SQA)
2006 wurden neue Testformen, Testform A bzw. Testform B, entwickelt, die jeweils in den Schulstufen 2-9 eingesetzt werden können. Zu den beiden Formen gibt es jeweils zwei Unterformen (A1 und A2 bzw. B1 und B2). Während Form A und Form B unterschiedliches Satzmaterial enthalten, unterscheiden sich die Unterformen nur durch die Reihenfolge der Sätze)
Jeder Test besteht aus einer Liste inhaltlich einfacher Sätze, die möglichst schnell leise gelesen und auf ihre Richtigkeit hin beurteilt werden müssen. Der Testrohwert ergibt sich aus der Anzahl der innerhalb von drei Minuten richtig beurteilten Sätze. Die basale Lesefähigkeit wird demnach über die Lesegeschwindigkeit bestimmt.
Für A und B gibt es separate Normtabellen, welche zu jedem Punktwert jeweils einen Lesequotienten und einen Prozentrang enthalten.
Der Prozentrang gibt den Prozentsatz derjenigen Personen der Referenzpopulation an, die im Test gleichgut oder schlechter abschneiden.
Warum ein Screening hilfreich ist:
Eine Studie der Bildungspsychologin Barbara Maria Schmidt von der Uni Wien ergab: Volksschullehrer unterschätzen Leseprobleme:
Rund 80 Prozent der Erstklässler, die unterdurchschnittliche Testergebnisse erzielen, sind den Lehrern zufolge gute oder eher gute Leser. In den folgenden Schuljahren werden die Einschätzungen der Lehrer zwar akkurater. Mit 40 Prozent ist der Anteil der Schüler, die sie fälschlicherweise als gut einstufen, aber auch am Ende der zweiten Klasse noch beträchtlich. Und auch, nachdem die Lehrer die Schüler vier Jahre lang beobachten konnten, gibt es Kinder, die als gute Leser eingeschätzt werden, beim Test aber schlecht abschneiden. https://www.diepresse.com/625750/volksschullehrer-unterschatzen-leseprobleme
Schuleinschreibung neu *
Auch im Bereich SCHULREIFE gibt es offenbar viele Fehleinschätzungen, was schon allein daraus ersichtlich ist, dass die Bundesländerzahlen stark divergieren *: von fast alle sind „schulreif“ bis hin zu nur drei Viertel der Schulstarter sind schulreif, reicht die Spanne, was wohl nicht der Realität entsprechen kann und für die falsch eingestuften Kinder weitreichende Folgen hat.
* siehe dazu Zahlen, Daten, Fakten - Schulreife in Österreich 2019
Daher soll als unterstützende Maßnahme ein Screening entwickelt werden. Ein Pilotprojekt dazu wurde im Vorjahr gestartet und wird heuer fortgesetzt. siehe Archiv: Feststellung der Schulreife
siehe auch: Schulreifeverordnung und Elternbrief Mai 2019
Beitrag von Karin Landerl
Professorin für Entwicklungspsychologie
Universität Graz
Kinder starten mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in die Schullaufbahn. Bei der Schuleinschreibung ca. 8 Monate vor der Einschulung sollen sich Lehrpersonen einen Eindruck verschaffen, welche Fähigkeiten ihre zukünftigen Taferlklassler bereits mitbringen und wo vielleicht noch Unterstützung erforderlich ist.
Bei dieser schwierigen Aufgabe erhalten Schulen (ab dem nächsten Schuljahr) Unterstützung durch eine App, die spielerisch den Entwicklungsstand von Basiskompetenzen für zentrale schulische Leistungen erhebt:
Poldi, die freundliche App-Koboldin begleitet die Kleinen dabei auf ihren Abenteuern im Zauberland. Damit sie eine Schatztruhe öffnen können, sollen die Kinder bestimmte Aufgaben lösen. Zum Beispiel sollen sie Willi dem Maulwurf, der nicht so gut sieht, helfen, seinen Maulwurfshügel wiederzufinden. Oder sie sollen schnell den Koffer auswählen, der mehr Goldmünzen enthält, bevor die Eule herbeifliegt und den Koffer stiehlt.
Für besonders schwierige Aufgaben gibt es Hilfe, wenn man einen Zauberstab auf dem Bildschirm berührt.
Nach jeder Aufgabe erhält das Kind Schlüssel, mit denen es am Ende der Reise die Schatztruhe öffnen kann.
Im Rahmen dieser Spielhandlung können Lehrer/innen sich einen objektiven Eindruck verschaffen, ob Kinder schon mit Sprachlauten umgehen können und über ein altersgemäßes Verständnis von Mengen sowie über basales Wissen über Zahlen und Schrift verfügen.
Auch über grafomotorische Fähigkeiten und zentrale Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen kann die App Aufschluss geben.
Für die überwiegende Mehrzahl der Kinder wird dieses Screening ergeben, dass sie schon über alle Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen Start ins schulische Lernen verfügen.
Dort, wo das Screening Hinweise liefert, dass wichtige Lernvoraussetzungen möglicherweise noch nicht hinreichend entwickelt sind, ist als allererstes wichtig, mit dem Kindergarten Rücksprache zu halten. Die Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen kennen die Kinder gut und können – im Unterschied zum Screening - nicht nur die kognitive, sondern auch die ebenso wichtige sozio-emotionale Entwicklung eines Kindes einschätzen.
Vielfach werden Auffälligkeiten, auf die die App hindeutet, Eltern und Kindergarten bereits bekannt sein. Natürlich kann es auch passieren, dass Kinder bei der Schuleinschreibung aufgeregt sind und Fehler machen, die ihnen sonst nicht passieren würden. Aber es kann auch sein, dass die App auf einen Förderbedarf hinweist, der bisher möglicherweise noch niemandem aufgefallen ist. In diesen Fällen kann die Zeit bis zum Schulbeginn noch genützt werden, um Entwicklungsschritte anzustoßen und das Kind fit für die Schule zu machen.
Der Fördergedanke steht bei der Neuorganisation der Schuleinschreibung im Vordergrund. Daher werden derzeit auch Empfehlungen für evidenzbasierte (also auf ihre Wirksamkeit überprüfte) Fördermaßnahmen erstellt. Wichtig wird es dann sein, zwischen Kindergarten, Eltern und Schule zu klären, wie eine Förderung am besten umgesetzt wird. An vielen Standorten gibt es schon enge Kooperationen zwischen Kindergarten und Schule, die durch die Schuleinschreibung neu hoffentlich weiter gestärkt werden.
Das Screening zur förderorientierten Diagnostik in der Schuleingangsphase wird derzeit in enger Kooperation mit dem Bildungsministeriums von Wissenschaftlerinnen der Universitäten Graz und Wien entwickelt und erprobt. Die Aufgaben basieren auf Forschungserkenntnissen zur Schuleingangsphase. Wir haben uns bewusst für die Durchführung am Tablet entschieden: Kinder geben die Antwort durch Berühren („touch“) des Bildschirms. Hier ist also keine digitale Vorerfahrung vonnöten. Auf die richtige Antwort hinzuzeigen ist für 5- bis 6-jährige Kinder kein Problem.
Die App hat Spielcharakter und ist bewusst einfach und übersichtlich gestaltet, damit das Kind sich auf die wesentlichen Informationen konzentrieren kann.
Das Verfahren liegt auch in einer Heft-Version vor, bei der die Aufgaben von den Lehrkräften erläutert werden. Diese Version stellt allerdings deutlich höhere Anforderungen an die durchführende Person.
Wenn im Herbst nach der Schuleinschreibung die Schule startet, soll das Screening von den Lehrkräften noch einmal mit jedem Kind durchgeführt werden. So kann festgestellt werden, welche Entwicklungsschritte in den letzten Monaten erfolgt sind. Außerdem kann der Unterricht von Anfang an besser auf die individuellen Bedürfnisse der Schulanfänger/innen abgestimmt werden.
Übrigens öffnet sich am Ende der App natürlich für alle Kinder die Schatztruhe – auch wenn die Aufgaben vielleicht doch noch etwas schwierig waren.
Die Freude am Lernen soll in der Schule stets im Vordergrund stehen!
* Erstveröffentlichung des Beitrags in der Schulanfangszeitung (2019) des Katholischen Familienverbandes Österreich
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- Kategorie: Elternbrief Dezember 2019