Mehr Autonomie - aber für wen?
Das Bildungsreformgesetz 2017 ist in Teilen bereits in Kraft getreten. Aber erst ab nächstem Schuljahr werden die geänderten Bestimmungen für die Schulgremien (Klassen-, Schulforum, Schulgemeinschaftsausschuss) in Kraft treten. Die Schulgremien - Gradmesser für Mitbestimmungskraft der Erziehunsberechtigten - zeigen deutlich in Richtung "Nichts zu vermelden!"
Die Sprechweise seitens der Schulen: "Wir und die Schulpartner" bzw. die Gepflogenheit mit "Schulpartner" nur jene zu meinen, die nicht zum Lehrkörper gehören, zeigt den wahren Stellenwert von Schulpatnerschaft deutlich. Das Bildungsreformgesetz legt nun nach.
In Pflichtschulen, in denen Kinder bis einschließlich 8. Schulstufe unterrichtet werden, gibt es keine Schülervertretung. Eltern vertreten auch die Schüler, weil diese in der Regel unmündig (unter 14 J) sind.
In diesen Schulen -ab 1. September 2018 auch an den Unterstufen der AHS- ist ein Schulforum einzurichten, dem je Klasse eine Lehrperson sowie eine erziehungsberechtigte Person als Vertretung der Eltern angehören. Den Vorsitz führt die Schulleitung, die derzeit schon bei vielen Entscheidungen das "Zünglein an der Waage" ist. Nur wenige Entscheidungen brauchen -derzeit noch- tatsächlich auch die Zutimmung von ElternvertreterInnen.
Ab 1.9.18 mehr Entscheidungen
Ab 1. September 2018 wird die Liste der Entscheidungsangelegenheiten länger und etliche Entscheidungsangelegenheiten sind auch klarer ausgedrückt.
Zu beachten ist, dass die wenigsten Punkte dem Klassenforum zur Entscheidung zugeordnet sind bzw. auch sein werden und diese auch nur dann, wenn sie
- nur eine einzige Klasse betreffen und
- der "Wille" der Erziehungsberechtigten sich mit jenem der klassenführenden Lehrperson bzw. des Klassenvorstands deckt.
Das Schulforum entscheidet in fast allen aufgelisteten Punkten.
Liste der Entscheidungsangelegenheiten
kein tatsächlicher Einfluss für Eltern mehr
Alle Entscheidunen können ab dem Schuljahr 2018/19 ohne Zustimmung der ElternvertreterInnen getroffen werden. Denn § 63a Absatz 12 erfährt ab 1.9.2018 wesentliche Änderungen:
(12) Das Schulforum und der Ausschuß sind beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte mindestens zwei Drittel der Mitglieder mit beschließender Stimme anwesend ist. Für einen Beschluß ist die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit in den Fällen des Abs. 2 Z 1 entscheidet der Schulleiter; in den Fällen des Abs. 2 Z 2 gilt der Antrag als abgelehnt. Für einen Beschluß sind in den Fällen des Abs. 2 Z 1 lit. c, h bis j, m und n die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder jeweils in der Gruppe der Klassenlehrer oder Klassenvorstände einerseits und der Klassenelternvertreter andererseits sowie eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der in jeder Gruppe abgegebenen Stimmen erforderlich.
Bei Stimmengleichheit in Fällen, die einer Entscheidung bedürfen, entscheidet der Schulleiter; in Beratungsangelegenheiten gilt der Antrag als abgelehnt.
Anmerkung: Durchgestrichenes betrifft den derzeit gültigen Text, der an 1. September 2018 nicht mehr vorhanden ist.
In Rot sind jene Textteile geschrieben, die ab 1. September 2018 in Kraft treten.
Beratung und weitere Bestimmungen
Die derzeit beispielhafte Auflistung von Beratungsangelegenheiten wird ersetzt durch den Auftrag: "die Beratung in allen die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie Erziehungsberechtigten betreffenden Angelegenheiten der Schule, insbesondere in wichtigen Fragen des Unterrichts und der Erziehung, der Verwendung von der Schule übertragenen Budgetmitteln und von Baumaßnahmen im Bereich der Schule" vorzunehmen.
Hinsichtlich Beschlussfähigkeit -siehe Absätze 7, 12, 13 - gibt es eine Änderung, die quasi als "Ersatz" für die völlige Abschaffung des Zwei-Drittel-Erfordernisses zur "Beruhigung der Gemüter" vorgenommen wurde. Es müssen ab 1.9.18 für alle Entscheidungen mindestens zwei Drittel der Mitglieder mit beschließender Stimme anwesend sein.
Andernfalls muss
- wenn es um Entscheidungen im Schulforum geht - muss unverzüglich eine Einladung zu einer neuerlichen Sitzung erfolgen (Absatz 13). Bei dieser neuerlichen Sitzung darf bei geringerer Anwesenheit nah einer Wartezeit von einer halben Stunde jedenfalls über Entscheidungen abgestimmt werden, wenn zumindest 1 Vertreter jeder Kurie anwesend ist.
- wenn es um Entscheidungen im Klassenfrum geht ist keine neuerliche Sitzung erforderlich, sofern nach einer Wartezeit von einer halben Stunde zumindest der Klassenlehrer oder Klassenvorstand oder der Schulleiter und mindestens ein Erziehungsberechtigter anwesend sind.
Das Problem "Tagesordnung"
Der Gesetzgeber sagt: "Mit jeder Einberufung ist die Tagesordnung zu übermitteln." Das heißt: Eine Einberufung allein, also Bekanntgabe von Tag und Uhrzeit ist zu wenig.
Was heißt nun "Tagesordnung" ? -
entnommen aus einer rechtlichen Beurteilung nachfolgender Tagesordnung:
Der Einladung des Vorsitzenden war folgende Tagesordnung angeschlossen:
1. Eröffnung und Feststellung der Beschlussfähigkeit
2. Protokoll der letzten Sitzung
3. Post
4. Berichte
5. Allfälliges
"Die Tagesordnung ist deshalb grundsätzlich von dem die Sitzung einberufendem Mitglied festzulegen, damit jedes Ausschussmitglied Gelegenheit hat, sich vorzubereiten und allenfalls als erforderlich erachtete persönliche Erhebungen anzustellen. Die einzelnen Tagesordnungspunkte sind daher auch in der Einberufung so konkretisiert „festzulegen“, dass die Ausschussmitglieder die Vorbereitung auf die Sitzung auch vornehmen können. Die Tagesordnung hat zunächst verfahrensrechtliche Punkte (wie Eröffnung und Feststellung der Beschlussfähigkeit, Protokoll der letzten Sitzung etc.) zu enthalten. Anschließend sind konkret die einzelnen Punkte der eigentlichen Tagungsordnung anzuführen, derentwegen die Sitzung einberufen wird, und so zu bezeichnen, dass die Ausschussmitglieder wissen, worüber in der Sitzung abgestimmt werden soll. Die nichtssagende Zusammenfassung unter Punkten wie „Ein- und Auslauf“ – oder etwa „Post“ - ist unzulässig. Fallen zwischen der Einberufung und der Sitzung weitere Angelegenheiten an, die einer Beschlussfassung bedürfen, kann der/die Vorsitzende auch noch nach Einberufung der Sitzung eine ergänzte Tagesordnung mitteilen, wenn dadurch eine Beschlussfassung in der kommenden Sitzung erleichtert werden kann"