Ist die Unterrichtsgarantie nur ein Schlagwort?
Autor: HR Mag. Engelbert Wippel in Zeitschrift Schule – Mai 2013
Alle Jahre wieder wird in den Medien unweigerlich die Frage aufgeworfen, ob 13 Wochen Schulferien und weitere fünf schulautonom schulfreie Tage für die Kinder sinnvoll sind.
Da entsprechende Pro- und Kontra- Wortmeldungen bald wieder in Vergessenheit geraten, sollte zumindest sichergestellt sein, dass die verbleibenden Schultage soweit wie möglich für die Unterrichtsarbeit genützt werden. Bereits mit dem zweiten Schulrechtspaket 2005 hat der Gesetzgeber das übergeordnete Ziel einer möglichst umfassenden „Unterrichtsgarantie“ für alle Schüler und Schülerinnen angestrebt, um diesen ein hohes Ausmaß an lehrplanmäßigem Unterricht zugute kommen zu lassen. Doch einige Problemfelder bestehen weiterhin.
So ist es gesetzlich geregelt, dass....
So ist es gesetzlich geregelt, dass erst innerhalb der ersten beiden Tage des Schul- bzw. Unterrichtsjahres ein Stundenplan zu erstellen ist. Im Hinblick auf die „Unterrichtsgarantie“ ist diese Bestimmung aber so auszulegen, dass bereits ab dem ersten Unterrichtstag ein lehrplanmäßig vollständiger Unterricht anzubieten ist, soweit keine zwingenden organisatorischen oder personellen Gründe dagegen sprechen. Die Abhaltung von Wiederholungsprüfungen am Schuljahresbeginn sollte jedenfalls kein Hindernis für einen ordnungsgemäßen Beginn des Schuljahres darstellen, da schulautonom ohnehin eine Vorverlegung der Termine für die Durchführung der Wiederholungsprüfungen in die letzte Ferienwoche möglich ist.
Der Beginn des Schuljahres dient als Einstiegsphase neben dem gegenseitigen Kennenlernen insbesondere auch der Klärung wesentlicher Fragen der Unterrichtsarbeit, wie beispielsweise der Bekanntgabe der wesentlichen Lehrstoffgebiete für die Erreichung einer positiven Beurteilung, der Präsentation des Konzepts zur Leistungsbeurteilung und der Klärung der Beteiligungsmöglichkeiten der Schüler/innen an der Unterrichtsgestaltung.
Aber auch während des Unterrichtsjahres ist darauf zu achten, dass Unterrichtsstunden nur in Ausnahmefällen entfallen, wenn wichtige Gründe, wie beispielsweise eine kurzfristige Verhinderung eines Lehrers, vorliegen und ein Stundentausch, eine Fachsupplierung oder eine Supplierung nicht möglich sind.
„Brauchtumsfeierlichkeiten“, wie etwa an einem Faschingsdienstag, dürften ebenfalls nicht zu einem Unterrichtsentfall führen. Soweit ein solcher Tag nicht als „Anlassfall des öffentlichen Lebens“ schulautonom für schulfrei erklärt wird, ist nur einzelnen Schülern und Schülerinnen im Hinblick auf die aktive Teilnahme an Brauchtumsfeierlichkeiten oder eingeschränkte Betriebszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel für einzelne Unterrichtsstunden ein Fernbleiben vom Unterricht zu genehmigen.
Auch für religiöse Veranstaltungen (z. B. Schülergottesdienste) ist lediglich ein Fernbleiben vom Unterricht für die Dauer dieser Veranstaltung zu gewähren.
Auch an den letzten Schultagen zu Semesterende bzw. am Ende des Unterrichtsjahres ist der stundenplanmäßig festgelegte Unterricht zu halten, zumal die Unterrichtsarbeit ja nicht nur aus der Vermittlung von Lehrstoff und aus Prüfungen besteht bzw. bestehen sollte. Wie an einigen Schulen üblich, können die letzten Unterrichtstage natürlich auch für Projektarbeiten genutzt werden.
Schließlich sollte im schulischen Umfeld der Eindruck vermieden werden, dass ausschließlich die Notengebung von Bedeutung ist.
Ich erlaube mir daher den im zwischenmenschlichen Bereich immer wieder strapazierten Begriff des „wertschätzenden Umgangs“ auch auf die Unterrichtszeit auszudehnen.
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- Kategorie: archiv 2013