Richtlinien für den Umgang mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten (LRS) im schulischen Kontext RS 24/2021
wichtige Punkte aus dem Rundschreiben:
Chancengerechtigkeit und Durchlässigkeit sind wichtige Zielsetzungen im österreichischen Schulsystem. Vorliegende Richtlinien geben die Möglichkeit, alle Schülerinnen und Schüler mit auffallenden Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten zu unterstützen.
Der Begriff Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten umfasst sowohl die Lese-/Rechtschreibschwäche als auch die Lese-/Rechtschreibstörung nach WHO-Definition ICD-10.
Möglichst frühzeitiges Fördern
Zentral für die Verbesserung der Situation von Schülerinnen und Schülern mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten ist die frühzeitige Identifikation der individuellen Problematik durch die Lehrkräfte. Im schulischen Kontext werden die Fördermaßnahmen nicht auf Kinder und Jugendliche mit klinisch-psychologischer Diagnose eingegrenzt, sondern alle Schülerinnen und Schüler mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten werden in entsprechende Fördermaßnahmen im Rahmen des Unterrichts eingebunden.
WICHTIG: Es ist Lehrpersonen und Schulleitungen nicht gestattet, primär Empfehlungen für ExpertInnen, die außerhalb des Schulsystems agieren und daher von den Eltern zu bezahlen sind,
abzugeben. siehe Erlass der BD >>
Einsatz schulexterner ExpertInnen >> link - einen analogen Erlass gibt es auch für die mittleren und höheren Schulen >> link
Deutsch und lebende Fremdsprache
Schülerinnen und Schüler mit Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten finden im Pflichtgegenstand Deutsch sowie in den lebenden Fremdsprachen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung eine Berücksichtigung (§ 3 Abs. 2 LBVO >> § 3 LBVO),
LRS als Form einer Körperbehinderung § 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes
Bei nachweislich vorliegender umschriebener Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten, die im Sinne des ICD-10 oder AWMF-S 3 das Erlernen und Anwenden der Rechtschreibung beeinträchtigten, ist § 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes bzw. § 2 Abs. 4 und § 11 Abs. 8 LBVO anzuwenden. Bei dieser schwerwiegenden Form kann von einer Körperbehinderung im Sinne des Gesetzes gesprochen werden.
Ergänzende Richtlinien zum RS 24/2001 der BD Stmk vom Jänner 2022 >>> hier
LRS-Erlass der BD Stmk. vom März 2021 >>> hier
Rahmenbedingungen bei Leistungsfeststellungen sollen entsprechend angepasst werden z.B.
Arbeit am Computer: vorgesehen sind ein Textverarbeitungsprogramm, die Nutzung einer elektronischen Korrekturhilfe und ein elektronisches Wörterbuch;
Hörverstehen: Pausieren/Unterbrechen der Audiodateien (auch selbstgesteuert), 1-2 zusätzliche Hörphasen
Kein Einwand gegen zeitgemäße Hilfsmittel
Es besteht kein Einwand, dass Schüler/innen bei der Leistungserbringung - insbesondere auf höheren Schulstufen - bei schriftlichen Arbeiten zeitgemäße Hilfsmittel zur Überprüfung der Schreibrichtigkeit zur Verfügung gestellt werden. Davon werden Schüler/innen mit nachweislich legasthenischer Beeinträchtigung besonders profitieren.
Dienstanweisung BMBF - Legasthenie, spezielle Bedürfnisse und neue Reifeprüfung
Bei der Leistungsfeststellung ist (bezüglich aller Schülerinnen und Schüler) auch zu beachten, dass in den Lehrplänen der Pflichtgegenstände Deutsch und der Lebenden Fremdsprachen mehrere Bereiche (eben nicht nur die Rechtschreibung) zu berücksichtigen sind: (siehe Rundschreiben Punkt 2.)
Leistungsbeurteilung
Die Bildungs- und Lehraufgabe des betreffenden Unterrichtsgegenstandes muss grundsätzlich erreicht werden.
Rechtschreibfehler, die auf einer Lese-/Rechtschreibstörung basieren, können bei der Leistungsbeurteilung im Unterrichtsgegenstand Deutsch bzw. in Fremdsprachen ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.
Leistungsbeurteilungsverordnung zu beachten
Alle in § 3 LBVO angeführten Formen der Leistungsfeststellung (Mitarbeit, mündliche Leistungsfeststellungen, schriftliche Leistungsfeststellungen, praktische und graphische Leistungsfeststellungen) für Pflichtschulen sowie mittleren und höheren Schulen sind zu berücksichtigen und deren Einsatz ist als grundsätzlich gleichwertig anzusehen (Abs. 5).
Im § 16 der Verordnung über die Leistungsbeurteilung werden fachliche Aspekte für die Beurteilung von Schularbeiten angegeben. Für die Beurteilung in der Unterrichtssprache sind die fachlichen Aspekte Inhalt, Ausdruck, Sprach-richtigkeit und Schreibrichtigkeit angegeben. Sowohl aus den Lehrplanbe-stimmungen als auch aus der Verordnung ergibt sich somit eindeutig, dass der Gesichtspunkt der Schreibrichtigkeit keinesfalls die einzige Grundlage der Leistungsbeurteilung sein kann und darf.
Daraus ergibt sich,
dass schriftliche Leistungsfeststellungen nie für sich alleine die Grundlage einer Semester- bzw. Jahresbeurteilung sein dürfen (Abs. 3).
Lehrpläne zu beachten
Bei der Leistungsfeststellung ist zu berücksichtigen, dass im Lehrplan des Pflichtgegenstandes Deutsch folgende Bereiche angeführt sind:
Volksschule - Sprechen, Lesen, Verfassen von Texten, Rechtschreiben, Sprachbetrachtung; Hauptschule und AHS - Sprechen, Schreiben, Lesen und Textbetrachtung, Sprachbetrachtung und Sprachübung
Im Lehrplan der Mittelschule und AHS-Unterstufe wird in der Bildungs- und Lehraufgabe ausdrücklich betont, dass es sich um gleichwertige Lernbereiche handelt.
Schularbeiten und andere schriftliche Leistungsfeststellungen dürfen daher nicht ausschließlich nach Art und Anzahl der Rechtschreibfehler beurteilt werden.
zu Lehrplänen >>> hier
Schulunterrichtsgesetz hat "Sonderbestimmung"
Bei nachweislich vorliegender umschriebener Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten, die im Sinne des ICD-10 oder AWMF-S 3 das Erlernen und Anwenden der Rechtschreibung beeinträchtigten, ist § 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes bzw. § 2 Abs. 4 und § 11 Abs. 8 LBVO anzuwenden. Bei dieser schwerwiegenden Form kann von einer Körperbehinderung im Sinne des Gesetzes gesprochen werden.
§ 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes Leistungsbeurteilungsverordnung >>> LBVO
Danach sind diese Schüler/innen unter Bedachtnahme auf den wegen der körperlichen Behinderung erreichbaren Stand des Unterrichtserfolges zu beurteilen, wobei die Bildungs- und Lehraufgabe des betreffenden Unterrichtsgegenstandes grundsätzlich erreicht werden muss. Mit Bezug auf die Leistungsbeurteilung - insbesondere im Pflichtgegenstand Deutsch - ist daher verantwortungsbewusst abzuwägen, inwieweit nur ein einzelner Leistungsbereich - nämlich die Schreibrichtigkeit - bestimmend für die gesamte Bildungs- und Berufslaufbahn eines jungen Menschen sein soll.
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