Nur mehr eine „Österreichische Schulschrift“
Mit Beginn dieses Schuljahres 2023/24 gibt es keine Wahlmöglichkeit zwischen zwei unterschiedlichen Varianten (1969 bzw. 1995) Die Österreichische Schulschrift 1969 darf lediglich noch auslaufend verwendet werden. >> Rundschreiben Nr. 35/2022
Ab dem Schuljahr 2023/24 ist nunmehr die Österreichische Schulschrift 1995 als Ausgangsschrift anzuwenden. Sie als Richtform für den Anfangsunterricht in der ersten und zweiten Schulstufe zu verstehen.
In den folgenden Schuljahren sollen sich Schülerinnen und Schüler ihre persönliche, gut lesbare und flüssige Handschrift aneignen.
Für den gesamten Bereich "Schulschrift" gilt das Prinzip weitgehender Offenheit.
Wesentlich ist, dass die Buchstaben und Ziffernformen eindeutig und klar sowie leicht zu schreiben sind. Bei Einhaltung dieser Kriterien sind auch individuelle, von den Schülerinnen und Schülern ausgehende, Ausformungen der Schrift zulässig.
Siehe auch: EB April 2016 Schreibschrift oder Druckschrift
Frontalunterricht kann besser sein als offenes Lernen
Von: Brigitte Pechar, Wiener Zeitung
Bildungsökonom Guido Schwerdt: Alternativer Unterricht nicht immer gut
Da nur vier von zehn Schülern angeben, aus reinem Frontalunterricht in der Schule viel mitzunehmen, tritt die BSV für einen verstärkten Einsatz von Projekt- beziehungsweise fächerübergreifendem Unterricht ein
Frontalunterricht hat positive Effekte auf Ergebnis
Der deutsche Bildungsökonom Guido Schwerdt hat in einer Studie zum Frontalunterricht - gemeinsam mit Amelie Wuppermann - allerdings andere Erkenntnisse erhalten. Demnach hat Frontalunterricht im Mittel einen positiven Effekt. Wenn ein mittlerer Lehrer bei mittleren Schülern mehr Frontalunterricht einsetze, habe das leistungssteigernde Effekte, erklärt Schwerdt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Schwerdt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ifo München (Institut für Wirtschaftsforschung) im Bereich Humankapital und Innovation. Der Studie wurden Bildungs-Daten und Daten aus Timss (Trends in International Mathematics and Science Study) zugrunde gelegt und ein Zusammenhang zwischen der Zeit, die ein Lehrer Frontalunterricht hält und dem Abschneiden bei den Leistungsstandards hergestellt. Darin zeigt sich, dass sowohl leistungsstärkere als auch leistungsschwächere Schüler im Mittel besser bei Tests abschneiden, wenn ein Lehrer Frontalunterricht eingesetzt hat. "Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass Frontalunterricht per se besser ist als alternative Unterrichtsformen", erklärte Schwerdt.
Zu wenige gut ausgebildete Lehrer für offenes Lernen
Denn wenn man alternative Unterrichtsformen wie etwa offenes Lernen perfekt implementiere, seien diese eventuell effektiver als Frontalunterricht. Einfach ausgedrückt bedeutet das, dass Frontalunterricht von einem durchschnittlichen Lehrer erbracht besser ist als alternative Unterrichtsformen schlecht angewandt. Aber: "Frontalunterricht kann durchaus auch schlechter sein, wenn alternativer Unterricht gut umgesetzt wird", sagt Schwerdt.
Es gebe jedenfalls keine Evidenz dafür, dass eine weitere Abkehr vom Frontalunterricht, wie das in Deutschland aber auch in Österreich der Fall ist, bei den Schülern bessere Ergebnisse liefert.
Da seien keine leistungssteigernden Effekte mehr zu erzielen - es könnte eher das Gegenteil eintreten. Denn es gebe einerseits zu wenig Unterstützung für Lehrer, damit diese alternative Methoden besser anwenden könnten und andererseits wüssten mittelmäßige Lehrer auch nicht, diese neuen Unterrichtsformen richtig anzuwenden.
Keinesfalls will Schwerdt die Studie aber als Plädoyer für eine generelle Rückkehr zum Frontalunterricht verstanden wissen, wie er betonte.
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Noten – ausgedient?
Schulen haben einen durch Gesetze und Lehrpläne vorgegebenen Bildungsauftrag. Mit der Erfüllung von bestimmten Bildungszielen erwerben die Schülerinnen und Schüler Fertigkeiten und Kompetenzen, die wesentlich zu einem gelingenden Leben beitragen können.
Aber auch das Erlangen von Berechtigungen, die Schulen laufend vergeben, ist für Kinder und Jugendliche von grundlegender Bedeutung.
Die Rückmeldung über den Entwicklungsstand, die konkreten Fähigkeiten und Kompetenzen, die erarbeiteten Bildungsziele und der Grad ihrer Erreichung sind wichtige Informationen für Kinder und Eltern. Doch zur Einordnung, was dies insgesamt für ihr Kind bedeutet, fehlen den Eltern aber auch anderen Personen die umfassenden Kenntnisse über Lehrplan- und Unterrichtsinhalte.
Zur Herstellung eines fundierten Gesamtkalküls braucht es den „Fachmann“. Eine derartige Rolle kann in der Regel von Eltern und Kindern nicht erfolgreich eingenommen werden, sondern nur von einer professionell agierenden Lehrperson.
Dieses Gesamtkalkül ist bei uns die Note. Sie ist ein in Ziffern ausgedrücktes Gutachten über gesetzlich vorgesehene Leistungen und deren Erfüllungsgrad. Noten werden von allen, unabhängig von ihrem Bildungsstand und ihrer Sprachkompetenz verstanden. Nicht von ungefähr bieten Konsumentenverbände bei ihren Berichten zu Produkttestungen ein klares Gesamtkalkül an, das auch einem Laien Einordnung ermöglicht.
Anmerkung aus Jonak-Kövesi „Das österreichische Schulrecht“
Unter „Selbständigkeit der Arbeit“ ist ein möglichst anleitungsfreies Arbeiten gemeint (bringt somit das Ausmaß der Anleitung bei der Bewältigung eines Themas zum Ausdruck)
durch den Begriff der „Eigenständigkeit des Schülers“ soll der Grad des Vermögens einen eigenen Standpunkt zu beziehen, erfasst werden.
Noten sind -außer in besonderen Settings- kaum wirklich zu ersetzen.
Dies zeigten und zeigen auch die vielen problematischen Versuche im Rahmen der „alternativen Leistungsbeurteilung“, ohne Noten dasselbe zum Ausdruck zu bringen.
Dass die Note mit einer transparenten Aufstellung aller Fakten und deren Abgleich mit den Lehrplanforderungen untrennbar verbunden sein muss, folgt aus deren Definition und dem Charakter des Gutachtens.
Integrationsquoten könn(t)en täuschen
Auszeitklassen - rechtlicher Rahmen?
„Schülerinnen und Schüler, die durch massive disziplinarische Verfehlungen den Unterricht in der Klasse bzw. an der Schule behindern, sollen verbindlich und unverzüglich einer „Time-Out“-Gruppe zugewiesen werden können. .....
Die Zuweisung in eine „Time Out“-Gruppe kann bedeuten, dass eine Schülerin oder ein Schüler lediglich ein, zweimal in der Woche an entsprechenden Maßnahmen der „Time Out“-Gruppen teilnimmt, ansonsten jedoch in der Regelklasse verbleibt. Es wird jedoch auch Fälle geben, in denen es notwendig erscheint, dass zunächst die gesamte Unterrichtszeit in der „Time Out“-Gruppe verbracht wird und erst nach einigen Wochen eine schrittweise - und gut begleitete - Rückkehr in die Klasse erfolgt. .....“
(Auszug aus Beilage zu Pressekonferenz von BM Dr. Faßmann vom 10.05.2019)
Der rechtliche Rahmen ist Betroffenen oft unklar.
Im Konzept der Bildungsdirektion von Kärnten zum Beispiel, verfasst von MMag. Elisabeth Zobernig, werden ua. Zuweisungskriterien (Z 1), Procedere (Z 3), Gruppenorganisation (Z 5) beschrieben (jeweils auszugsweise):
„Eine Zuweisung in die Time-Out Gruppe begründet sich durch massive und wiederholte Verstöße gegen grundlegende Regeln des Schulbetriebes wie: - Verletzung der Integrität von Mitschüler/innen oder anderen Personen des schulischen Umfeldes - andauernde Verweigerung von Arbeitsaufträgen oder Anweisungen - Schulverweigerung und häufiges unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht - Verhinderung des Unterrichts und der Schulführung durch Störungen des Schülers oder der Schülerin - drastischer Vorfall im Rahmen des Schulalltages, der eine sofortige Intervention erfordert.“ (aus Z 1)
Aus Z 3: „Die Entscheidung über die Aufnahme in die Gruppe wird im Rahmen einer Vernetzungskonferenz unter Beteiligung des Fachbereichs für Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik, der zuständigen Schulaufsicht, der Schulpsychologie, der Schulleitung, des/der begleitenden Facharztes/Fachärztin für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie, Vertreter/innen der Kinder- und Jugendhilfe und des Teams der Time-Out Gruppe getroffen.“
„Die Dauer der Beschulung in der Time-Out Gruppe erstreckt sich von 6 Wochen bis zu einem Schuljahr, wobei auch diese individuell vom Vernetzungsgremium beschlossen wird.“(Z 5)
Kürzlich wurde eine Zahl von 160 Kindern genannt, welche in Kärnten Time-Out Gruppen besuchen. So könnte die niedrige Anzahl von Kindern mit SPF-Bescheid und die hohe Integrationsquote unter Umständen auch erklärt werden, da es für Kinder in diesen Gruppen anscheinend keinen Bescheid gibt und die Time-Out Gruppen auch nicht als „angeschlossene Sonderschulklassen“ ausgewiesen scheinen, obwohl Kinder auch das ganze Schuljahr dort verbringen könnten.
Eltern haben in diesem „Verfahren“ keine Rechte?
Frühzeitige Organisation treffsicherer Fördermaßnahmen
auch für Kinder mit besonderen Bedarfen
Kinder kommen zur Schule, nachdem sie schon mehrere Lebensjahre verbracht haben, davon in der Regel auch einige, aber mindestens eines, in einer Kinderbetreuungseinrichtung. Ihre Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, allfällige Unterlagen, Erhebungen und Förderergebnisse, die während der Zeit des Kindergartenbesuches zum Zweck der Dokumentation des Entwicklungsstandes, ... erstellt, durchgeführt bzw. erhoben wurden, vorzulegen. Dies zum Zwecke der frühzeitigen Organisation und Bereitstellung von treffsicheren Fördermaßnahmen. (SchPflG § 6)
Dies hat sinnvoller Weise auch für die Feststellung eines etwaigen sonderpädagogischen Förderbedarfes (SPF)zu gelten.
Im gegenständlichen Rundschreiben des BMBWF (Nr. 7/2019) wird zwar angeführt: „Unverändert bleibt, dass vor Feststellung eines SPF alle am Schulstandort möglichen Fördermaßnahmen nachweislich auszuschöpfen sind.“.
Dies stellt jedoch eine mE eine unzulässige Einschränkung des Schulpflichtgesetzes SchPflG § 8 dar, welches besagt:
„Auf Antrag oder von Amts wegen hat die Bildungsdirektion mit Bescheid den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind festzustellen, sofern dieses infolge einer Behinderung dem Unterricht in der Volksschule, Mittelschule oder Polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag.“ (SchPflG § 8 (1) 1.Satz)
Ein derartiger Zustand kann auch schon vor Schuleintritt absehbar sein, sodass es eine unzumutbare Härte darstellen würde, müsste das Kind erst scheitern, bevor sonderpädagogische Fördermaßnahmen ergriffen werden können/dürfen.
Eine Überarbeitung des Rundschreibens ist vorgesehen, zumal auch im Abschlussbericht vom September 2023 der Studie „Evaluierung der Vergabepraxis des sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) in Österreich“ deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern sichtbar wurden, obwohl die gesetzliche Grundlage die gleiche ist. (siehe Tabellen und Abbildungen unten)
SchPflG § 8 Abs. 1, 2. und 3. Satz:
„Unter Behinderung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Unterricht zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.“
UN-BRK* Art. 1: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, psychische, intellektuelle oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe, gleichberechtigt mit anderen, an der Gesellschaft hindern können.“ (*Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen)
Abbildung 2, Seite 11
Ziel der sonderpädagogischen Förderung ist es, dass das Kind nach Möglichkeit dem Unterricht in bzw. Lehrplan der Volksschule, Mittelschule, ... folgen kann.
Für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf muss daher nicht in jedem Fall unbedingt ein Sonderschullehrplan zur Anwendung kommen.
Denn erst im 2. Schritt, also nach Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, wird der Lehrplan definiert, wobei ein Unterricht und Abschluss nach dem Regelschullehrplan anzustreben sind.
Dies auch unabhängig davon, ob ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf seine Schulpflicht in einer Sonderschule bzw. Sonderschulklasse oder in einer Volksschule, Mittelschule, ... erfüllt.
Wichtig:
Im Zeugnis wird neben der Bezeichnung der Schule nur der jeweilige Lehrplan angeführt, nach dem das Kind unterrichtet wurde. Es gibt keinen Vermerk, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorgelegen ist/vorliegt. So erhält zB ein Kind, das die Volksschule besucht und dank der sonderpädagogischen Fördermaßnahmen den Volksschullehrplan „seiner“ Schulstufe in allen Gegenstände absolviert, ein Zeugnis der Volksschule wie die anderen Kinder auch.
Oft wird allerdings noch die Meinung vertreten, dass ein SPF mit Sonderschullehrplan einherzugehen hat bzw. einhergeht. Dies zeigt auch die Studie.
Tabelle 6, Seite 28
Wahlfreiheit
Das Schulpflichtgesetz § 8a (1) besagt dazu:
„Schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8 Abs. 1) sind berechtigt, die allgemeine Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule, Mittelschule, Polytechnischen Schule, ... zu erfüllen, ...“
Artikel 7 der Erklärung der Rechte des Kindes sagt dazu:
„Die Interessen des Kindes sind die Richtschnur für alle, die für seine Erziehung und Anleitung verantwortlich sind; diese Verantwortung liegt in erster Linie bei den Eltern.“
Artikel 5 der Erklärung der Rechte des Kindes lautet:
„Das Kind, das körperlich, geistig oder sozial behindert ist, erhält die besondere Behandlung, Erziehung und Fürsorge, die seine besondere Lage erfordert.“
Betroffene Eltern warnen davor, dass eine Benachteiligung durch Ausblenden von Unterschieden Platz greift. Dürfen Unterschiede nicht mehr als solche benannt werden, werden diese dem Unsichtbar-Sein preisgegeben. Kinder, auch solche mit mehrfachen und schweren Behinderungen werden der Anerkennung ihrer speziellen Situation und a la longue auch ihres Rechts auf speziellen - kostenintensiven - Unterricht beraubt.
Eltern sehen die Aufgabe des Staates darin, bedarfsgerechte Angebote mit hoher Qualität zu schaffen. Wahlfreiheit braucht Wahlmöglichkeit!
Integrationsquote - Verlauf von Schuljahr 2006/07 bis 2019/20
Abbildung 3, Seite 12
Integrationsquoten nach Bundesland mit auffallenden Unterschieden.
Abbildung 5, Seite 13
Ganztagsschule als Lösung?
Im Kapitel „Ausgewählte Maßnahmen mit Fokus auf evidenzbasierter Schul- und Unterrichtsentwicklung“ im Pisa 2022 – Erstbericht des Instituts des Bundes für Qualitätssicherung im österreichischen Schulwesen (IQS) wird auf Seite 128 der Ausbau von Ganztagsschulen angeführt:
„Eine weitere Möglichkeit zur Reduktion der Chancenungleicheiten im österreichischen Schulsystem wird im Ausbau der Ganztagsschulen gesehen. In Bezug auf die Chancengerechtigkeit können Nachteile für einzelne Schüler/innen besser kompensiert werden, wenn ein verstärktes Angebot an Nachmittagsbetreuung vorliegt, wie dies etwa von der OECD (2016) empfohlen wird. So sollen Schüler/innen unabhängig von ihrer (sozialen) Herkunft und Erstsprache in der Ganztagsschule Förderung durch pädagogische Kräfte erhalten (Scheipl, Leeb, Wetzel, Rollett & Kielblock, 2019; Bruneforth, Chabera, Vogtenhuber & Lassnigg, 2015). Das Bildungsinvestitionsgesetz (BGBl. I Nr. 87/2019) sieht diesbezüglich einen sukzessiven Ausbau des Angebots an Ganztagsschulen vor; die Erhöhung des Angebots ist bereits sichtbar (George & Klinglmair, 2023).“
Der Aufenthalt in der Schule bewirkt nicht per se eine Erhöhung der bei Pisa getesteten Kompetenzen.
Betrachtet man das Konzept der österreichischen ganztägigen Schulform und hier insbesondere den sogenannten Betreuungsteil, so stellt man fest, dass dieser vorwiegend aus Freizeit besteht. Lernzeiten sind nur in sehr eingeschränktem Ausmaß im Angebot.
„Das Ausmaß der unterschiedlichen Lernzeiten kann durch schulautonome Lehrplanbestimmungenunter Bedachtnahme auf pädagogische, räumliche und ausstattungsbedingte Gegebenheiten wie in der nachfolgenden Tabelle festgelegt werden“:
Allerdings nehmen sehr viele Schulen die Ausnahmeregelung in Anspruch:
„Sind die notwendigen personellen Ressourcen für eine individuelle Lernzeit (ILZ) im Ausmaß von mindestens zwei Wochenstunden nicht gesichert, kann stattdessen die gegenstandsbezogene Lernzeit (GLZ) mit fünf Wochenstunden anberaumt werden.“
Das bedeutet:
ein Großteil der Kinder hat nur 1 Stunde Lernzeit pro Wochentag. Der Rest des Aufenthalts in der Schule, auch wenn dieser bis 18 Uhr dauern sollte, ist Freizeit.
Auch wenn es in der Lernzeit, wie im Lehrplan vorgesehen, gezielt zusammengestellte Aufgabenpakete zur Sicherung des Unterrichtsertrages geben sollte, hilft das nur bedingt.
Es müssten in der 1 Stunde die Hausübungen oder auch Aufgabenpakete des jeweiligen Gegenstandes, dem die gegenstandsbezogene Lernzeit zugeordnet ist, erledigt werden.
Die Erledigung anderer Arbeiten (Hausübungen für andere Gegenstände, Lernen für Prüfungen, Tests,...), die nicht dem Gegenstand der jeweiligen Lernzeit zuzuordnen sind, haben keinen vorgesehenen zeitlichen Rahmen.
Aber auch wenn man die gängige Praxis hernimmt, der zufolge die eigentlich gegenstandsbezogene Lernstunde für jedwede Aufgabe verwendet werden darf, hakt es noch immer. 1 Stunde ist und bleibt zu wenig.
Schule rechnet mit der Mitarbeit der Eltern. Nicht nur auf organisatorischer und mentaler Ebene, sondern auch auf inhaltlicher.
„Die wöchentliche Ansage wurde auf Montag verlegt, damit auch die Eltern der GTS Kinder mit ihren Kindern üben können!“ – Oder so wie nachstehend:
Wenn eine Ganztagsschule ausgleichen soll, was Eltern mit Zeitressourcen, „höherer“ Bildung, etc. für ihre Kinder an Lernunterstützung leisten,
dann muss auch ein zeitlicher und personeller Rahmen geschaffen werden, in welchem eine verbindliche Unterstützung und Kontrolle bei schriftlichen und mündlichen Arbeitsaufträgen auch passieren kann und muss.
Als langjährige Elternvertreterin versuchte und versuche ich nicht nur zumindest den personellen Rahmen dafür durchzusetzen,
dass auch individuelle Lernzeiten flächendeckend stattfinden, wodurch eine deutliche Ausweitung der Zeiträume für individuelles Lernen erreicht werden könnte, sondern
dass die Lehrplanforderungen: „Jede Schülerin und jeder Schüler ist in der individuellen Lernzeit von den betreuenden Pädagoginnen und Pädagogen durch individuelle Lernunterstützung bestmöglich zu begleiten... .“ auch so verstanden wird, dass bei all den Forderungen nach Eigenständigkeit,... die Pädagogin bzw. der Pädagoge auch eine gewisse Ergebnisverantwortung hat.
Jedenfalls muss das organisatorische und inhaltliche Konzept des Betreuungsteils so verändert werden, dass eine wirkungsvolle Unterstützung der Kinder erfolgt.
PISA (Programme for International Student Assessment)
PISA gilt als die größte internationale Schulleistungsstudie. Sie findet alle drei Jahre statt und umfasst die Bereiche Lesekompetenz, Mathematik und Naturwissenschaften. Abwechselnd bildet jeweils einer der drei Bereiche den Schwerpunkt. Diesmal war es Mathematik.
Wegen der Coronapandemie wurde der Test in allen 81 Ländern mit ca. 690 000 Schülern und Schülerinnen um 1 Jahr verschoben. Im Frühjahr 2022 nahmen in Österreich 302 Schulen und 6.151 Schülerinnen und Schüler am PISA-Haupttest teil.
Welche Schülerinnen und Schüler wurden getestet?
Getestet werden Schülerinnen und Schülern, die zum Testzeitpunkt zwischen 15 Jahre und drei Monate und 16 Jahre und zwei Monate alt sind (plus/minus einen Monat) und mindestens die 7. Schulstufe besuchen.
In Österreich wurde der Erhebungszeitraum zwischen 10. April und 31. Mai 2022 festgelegt (an lehrgangsmäßig geführten Berufsschulen konnte bereits ab 21. März 2022 getestet werden).
Daher nahmen Schülerinnen und Schüler des Geburtsjahrgangs 2006 ab der 7. Schulstufe teil.
Schülerinnen und Schüler dieser Altersgruppe besuchen in Österreich meist eine 9. oder 10. Schulstufe in Schulen der Sekundarstufe II.
Einige Jugendliche (mit Schullaufbahnverzögerungen) befinden sich allerdings noch in niedrigeren Schulstufen und somit an Schulen der Sekundarstufe I.
Berufsschülerinnen und -schüler werden auch erfasst. Bei den lehrgangsmäßig geführten Berufsschulen durfte das „6-wöchige Testfenster“ vergrößert werden, da sie aufgrund des geblockten Unterrichts nur eingeschränkt an ihren Schulen anwesend sind.
Auch Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen (auch an Sonderschulen) nehmen an PISA teil, sofern dies für sie möglich ist. Für sie wurde eine eigene Testform mit einer kürzeren Bearbeitungszeit zusammengestellt.
Jugendliche, die keine Schule mehr besuchen zählen zur so genannten Out-of-School-Population. Sie werden ebenso wie jene Schülerinnen und Schüler, die zwar dem Jahrgang angehören aber noch nicht in einer 7. Schulstufe sind, nicht getestet.
Die in PISA gemessenen Kompetenzen eines Landes mit einer hohen Out-of-School-Population sind demnach wahrscheinlich höher, als sie es bei einer vollständigen Erfassung aller Jugendlichen des Zielalters wären. Deshalb wird auch dieser Anteil erhoben.
Österreichs Anteil liegt bei 3,7%, das EU-Mittel beträgt 4,4%
PISA fragt nicht Faktenwissen ab, sondern erhebt Schlüsselkompetenzen.
Wichtig ist, ob die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen anwenden und Informationen sinnvoll verknüpfen können.
Am 5. Dezember 2023 hat die OECD die Ergebnisse der PISA-Erhebung 2022 vorgestellt.
„Rund 690 000 Schülerinnen und Schüler aus 81 Ländern und Volkswirtschaften hatten an der Erhebung teilgenommen - stellvertretend für 29 Millionen Schülerinnen und Schüler in aller Welt. Schwerpunktbereich war die Mathematik.
PISA 2022 ist die erste groß angelegte Studie, in die Daten zu den Leistungen der Schüler und Schülerinnen, zu ihrem Wohlergehen und zur Bildungsgerechtigkeit aus der Zeit sowohl vor als auch nach der Pandemie einfließen.
31 Ländern und Volkswirtschaften ist es trotz der schwierigen Umstände gelungen, ihre Mathematikleistungen wenigstens auf dem Niveau von PISA 2018 zu halten.
Insgesamt kam es in der PISA-Erhebung 2022 zu einem beispiellosen Rückgang des OECD-Leistungsdurchschnitts. Verglichen mit 2018 sank er in Lesekompetenz um 10 Punkte und in Mathematik um fast 15 Punkte. Der Leistungsrückgang in Mathematik ist dreimal so hoch wie jede vorherige Veränderung von einer PISA-Erhebung zur nächsten. Auf die Corona-pandemie kann der Leistungsrückgang nur teilweise zurückgeführt werden.
Die Leistungen in Lesekompetenz und Naturwissenschaften hatten bereits vorher zu sinken begonnen und auch bei den Mathematikleistungen waren in diversen Ländern schon vor 2018 negative Trends zu beobachten.“ https://www.oecd.org/berlin/themen/pisa-studie/
Ein schwacher Trost:
Die österreichischen Jugendlichen haben sich vergleichsweise geringfügiger verschlechtert. Und die Ergebnisse von Österreich lagen über dem Schnitt von EU und OECD.
Allerdings zeigen die österreichischen Ergebnissen eine deutlich größere Koinzidenz von Beruf und Einkommen der Eltern und der Leistung der Kinder:
Die Schüler aus dem Viertel mit dem höchsten sozioökonomischen Status haben dabei im Schwerpunktfach Mathematik um 106 Punkte mehr erreicht als jene aus dem niedrigsten Viertel. Das stellt im Vergleich zur letzten PISA-Studie sogar eine weitere Vergrößerung des Abstands dar. Im OECD-Schnitt betrug die Differenz „nur“ 93 Punkte.
Es besteht auch ein deutlicher Zusammenhang zwischen Migrationshintergrund und Leistung und wird dahingehend interpretiert: Ein Migrationshintergrund wirkt sich in Österreich negativ auf die Leistungen aus. Diese Schüler kommen gleichzeitig auch häufiger aus finanziell schwachen Familien.
OECD_PISA 2022 Ergebnisse (Band I) Lernstände und Bildungsgerechtigkeit Seite 125:
Liebe Leserinnen und Leser,
Wie gewohnt erhalten Sie vor dem Jahreswechsel unsere neue Ausgabe des Elternbriefs.
Jene, die schon mehrere Jahre unsere Zeitschrift lesen, stellen sicher fest, dass viele Themen immer wieder behandelt werden.
Leistungsbeurteilung ist zum Beispiel ein Dauerbrenner. Dort wo die Leistungsbeurteilung transparent und verständlich erfolgt, stellt die Note kein Problem dar, sondern erleichtert die Einordnung.
Jeder Leistungsbeurteilung gehen Leistungsfeststellungen voraus. Diese sind besonders in Gegenständen mit mehreren Leistungsniveaus nicht immer unproblematisch.
Dankenswerter Weise haben uns zahlreiche Obleute Rückmeldung gegeben, wie an der Schule ihrer Kinder insbesondere die Schularbeiten erstellt und beurteilt werden.
Schwierig ist es für Kinder im Leistungsniveau „Standard“, wenn sie identische Aufgabenstelllungen wie jene erhalten, die mit Leistungsniveau „Standard AHS“ geführt werden. Allein die Länge stellt für sie schon eine Überforderung dar (außer die Aufgabenstellung ist für die anderen zu leicht). Da hilft es nur bedingt, wenn bei der Beurteilung ein anderer Maßstab zur Anwendung kommt.
Die 7-teilige Notenskala wurde nicht zuletzt deshalb abgeschafft, damit auch Kinder mit Leistungsniveau „Standard“ Erfolg bei der Bearbeitung erleben können.
Auch hinsichtlich der Umsetzung von Inklusion an den Schulen gibt es Bereich, die noch einer Verbesserung bedürfen.
Leider kommt es immer wieder vor, dass Kinder in einem für sie räumlich, personell oder hinsichtlich Inventar unzureichend ausgestatteten Umfeld unterrichtet und gefördert werden sollten.
Dies bedeutet nicht nur eine mangelnde Rechtsumsetzung sondern vor allem eine große Belastung aller Kinder und Verantwortlichen im schulischen Umfeld. Im schlimmsten Fall führt dies zu einer Exklusion statt Inklusion.
Die Erfüllung der UN-Konvention darf nicht auf Integrations-/bzw. Inklusionsquoten reduziert sein, sondern muss die Qualität und somit auch das Wohlergehen aller Beteiligten im Fokus haben.
Eine kontinuierliche Begleitung und Unterstützung der Beteiligten sowie eine laufende Evaluation auch des Bildungs-geschehens an den Schulen ist erforderlich.
Ein erster Schritt wurde durch die Studie „Evaluierung der Vergabepraxis des sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) in Österreich“ gesetzt. Denn das frühzeitige Ergreifen von treffsicheren Maßnahmen trägt wesentlich zum Gelingen bei.
Die Finanzierung der Maßnahmen darf sich nicht nur auf den Unterricht im Schulhaus beschränken. Eine Durchführung von Schulveranstaltungen muss ohne „Hürdenlauf“ für die Finanzierung von Betreuungs- oder Assistenzpersonen möglich sein.
Wir freuen uns auf weitere gute Zusammenarbeit.
Ilse Schmid, Präsidentin