Die jüngst veröffentlichten Ergebnisse der TIMMS-Studie sind kein Grund zum Jubeln. Auch wenn Österreich über dem internationalen und dem EU-Schnitt liegt, so darf nicht vernachlässigt werden, dass offenbar ein nicht unerheblicher Teil der guten Leistungen, die den Durchschnitt gehoben haben, auf den Einsatz von Eltern zurückgeht.
Dass sozioökonomische Faktoren so hohen Einfluss auf die Leistungen haben zeigt nämlich zweierlei:
Erstens, und das wiegt schwer, kommen viele gute Schülerleistungen (nur) dank dem Einsatz der Eltern zustande, die ihre Kinder nicht nur insgesamt fördern sondern auch zu Hause mit ihnen, lernen, Hausübungen verbessern, Referate vorbereiten, uvm.
Zweitens belegt es, dass der Unterricht nicht ausreichend lernförderlich ist und die gewählten Unterrichtsformen, wie selbständiges Lernen/Erarbeiten mit Wochenplänen, Arbeitsblättern, etc., Referate halten schon in der VS, eher das sog. Matthäus-Prinzip verstärken: „Wer hat, dem wird gegeben!“. Das heißt, v.a. jene Kinder, die wegen der Unterstützung von ihren Eltern oder sonstiger Gründe, gut in der Schule sind, können davon profitieren, während die anderen nur wertvolle Zeit der direkten Zuwendung durch die Lehrpersonen verlieren.
Siehe auch:
Lernförderlicher Unterricht: >> hier
Unterweisung durch Lehrperson >>> hier
GruKo absichern - was hemmt, was wirkt >>> hier
Zu viel Phantasterei?
"Charakteristisch für die Schulentwicklung ist das periodische Auftreten von mit hohen Erwartungen verbundenen Ideen, die in der pädagogischen Welt jeweils starke Resonanz und beeindruckende Bewegungen auslösen, aber nach einer gewissen Zeit euphorischer Hochstimmung allmählich wiederum verblassen.1 (S.11)
Die Geschichte der Idee des „entdeckenden Lernens“ ist ein exemplarischer Fall der Entstehung und Verbreitung eines spekulativen Verfahrensschemas, das auf Grund seiner bestechenden Plausibilität von hohen Erwartungen erfüllte Anhänger in weiten pädagogischen Kreisen fand.1 (S.33)
Das Schema berücksichtigt nicht, dass
die in der Schule vermittelten Grundkenntnisse der verschiedenen Fächer im allgemeinen auch über längere Zeitträume hinweg weitgehend aktuell bleiben und
für das entdeckende, kreative Denken gerade Wissensgrundlagen von ausschlaggebender Bedeutung sind.1 (S.35)
Hattie plädiert für die Normalform eines von der Lehrperson vorbereiteten, strukturierten und realisierten Unterrichts. Der Lehrer und die Lehrerin wird nicht in die Rolle eines konstruktivistischen Beobachters versetzt, für den bekanntlich schon Maria Montessori ziemlich erfolglos plädiert hatte; die Lehrperson darf und soll agieren, wobei für ihn oder für sie als Qualitätsannahme gilt, dass er oder sie „with the eyes of the students“ wahrnehmen kann (Hattie 2009, S. 238) und mit seinem Unterricht ihrem Lernen dienlich ist. Das ist nicht einfach dann der Fall, wenn man „selbstorganisiert“ lernt.2
1 ZSE Forschungsbericht 27
2 Möglichkeiten und Grenzen selbstregulierten Lernens in der Schule, Jürgen Oelkers
Naive Annahmen über Lernen
Diskurse zur Unterrichtsentwicklung
Seite 107. Hanna Kiper,