Lernzielkontrolle, Rechenfrühstück, ...
Viele LehrerInnen meinen, wenn statt der Bezeichnung „Test“ die Leistungsüberprüfung mit „Lernzielkontrolle" betitelt wird -in Volksschulen oft auch "Rechenfrühstück" etc. genannt- , dass dann die (Schutz-) Bestimmungen der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBV § 8) nicht beachtet werden müssen.
Der LSR für Steiermark hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass alle Leistungsüberprüfungen, die die Merkmale eines Tests aufweisen, unabhängig von ihrer Bezeichnung, nur zulässig sind, wenn die Bestimmungen in § 8 LBV eingehalten werden.
Abgrenzung zwischen (schriftlicher) Mitarbeit und Tests:
Auszüge aus dem Erlass des LSR vom 23.04.2013
Mitarbeit
„Schriftlichen Mitarbeitsleistungen“ sind gemäß § 4 Abs. 1 lit. a LBV „in die Unterrichtsarbeit eingebundene schriftliche Leistungen“. Darunter sind Leistungen nicht punktueller Art zu verstehen, wie beispielsweise die Führung der Schulübungshefte, Leistungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Arbeitsbüchern (Ausfüllen von Texten in Schulbüchern), Rechnungen an der Tafel und Ähnliches.
„Leistungen im Zusammenhang mit der Sicherung des Unterrichtsertrages“, „Leistungen im Zusammenhang mit dem Erfassen und Verstehen von unterrichtlichen Sachverhalten“ oder „ Leistungen im Zusammenhang mit der Fähigkeit, Erarbeitetes richtig einzuordnen und anzuwenden“ werden als Mitarbeitsleistungen gemäß § 4 Abs. 1 lit. b, d od. e LBV in der Praxis häufig nicht klar von „schriftlichen Mitarbeitsleistungen“ unterschieden, zumal sie auch in Schriftform erbracht werden können. Eine exakte Zuordnung ist hierbei nicht immer möglich bzw. auch nicht notwendig. Im gegenständlichen Zusammenhang ist eine klare Trennung dieser verschiedenen Formen von (schriftlichen) Mitarbeitsleistungen jedenfalls ohne Relevanz, da sämtliche Formen der Feststellung der Mitarbeit des Schülers im Unterricht Leistungsfeststellungen nicht punktueller Art sind.
Test
Tests sind gemäß § 8 LBV im Gegensatz zu (schriftlichen) Mitarbeitsleistungen schriftliche Überprüfungen und als solche punktuelle Formen der Leistungsfeststellung. Sie sind von (schriftlichen) Mitarbeitsleistungen deutlich abzugrenzen. Tests sind inhaltlich determiniert und zeitlich begrenzt. Sie sind auch rechtzeitig anzukündigen.
Durch Tests wird die Unterrichtsarbeit zu Prüfungszwecken unterbrochen. Im Gegensatz dazu sind (schriftliche) Mitarbeitsfeststellungen eine „unterrichtsbegleitende“ Form der Leistungsfeststellung.
Klärung der Zuordnungsfrage:
Wenn beispielsweise
+ gleichartige Fragestellungen an alle Schüler ausgegeben werden,
+ die schriftlichen Antworten nach Leistungserbringung abgesammelt und beurteilt werden und
+ das Ergebnis in die Leistungsbeurteilung einfließt,
dann ist dies nicht mehr als Mitarbeitsfeststellung bzw. Mitarbeitsleistung im Rahmen der Unterrichtsarbeit, sondern als schriftliche Überprüfung (Test) anzusehen, sodass hierfür die Schutzbestimmungen des § 8 LBV zu beachten sind.
Auch eine fehlende notenmäßige Beurteilung ist hierbei für die Zuordnungsfrage nicht von Bedeutung. Punkteangaben oder Prozentsätze udgl. kommen ohnehin einer Note gleich.
Auf solche Art als (schriftliche) Mitarbeitsfeststellungen durchgeführte Formen der Leistungsfeststellung sind unabhängig von ihrer Bezeichnung („Lernzielkontrollen“ oder „schriftliche Mitarbeitsüberprüfung“ udgl.) rechtswidrig und können daher natürlich nicht als Mitarbeitsleistung gewertet werden.
Sie können aber auch nicht als Tests in die Beurteilung einfließen, wenn die Schutzbestimmungen des § 8 LBV nicht beachtet bzw. umgangen worden sind.
„Lernzielkontrollen“ bzw. „schriftliche Mitarbeitsüberprüfungen“ sind weder im Schulunterrichtsgesetz noch in der Leistungsbeurteilungsverordnung als eigenständige Formen der Leistungsfeststellung vorgesehen.
Informationsfeststellung
Von den schriftlichen Mitarbeitsleistungen sind die sogenannten Informationsfeststellungen gemäß § 1 Abs. 2 LBV zu unterscheiden. Sie dienen lediglich der Information der Lehrperson darüber, auf welchen Teilgebieten die Schüler Lehrziele erreicht haben und auf welchen Teilgebieten noch ergänzender Unterricht notwendig ist. Informationsfeststellungen fließen nicht in die Leistungsbeurteilung ein.
"Schutzbestimmungen" - Schriftliche Überprüfungen
Der § 8 der Leistungsbeurteilungsverordnung gibt die "Spielregeln" für schriftliche Überprüfungen vor:
1. rechtzeitige Bekanntgabe (Abs.2)
2. Beschränkung der Dauer einzelner Überprüfungen (Abs.4)
3. Beschränkung der Gesamtzeit je Semester (Abs.5)
4. Beschränkung hinsichtlich der Anzahl je Schultag (Abs. 7)
5. Beschränkung hinsichtlich einzelner Gegenstände in bestimmten Schularten (Abs.11)
6. Beschränkung bei Gegenständen mit Schularbeiten (Abs.13)
Der § 8 LBV im Wortlaut:
(1) Schriftliche Überprüfungen umfassen ein in sich abgeschlossenes kleineres Stoffgebiet. Folgende Formen schriftlicher Überprüfungen sind zulässig:
a) Tests,
b) Diktate in der Unterrichtssprache, in den lebenden Fremdsprachen, in Musikerziehung, in Kurzschrift, in Maschinschreiben, in Stenotypie, in Stenotypie und Phonotypie, in Stenotypie und Textverarbeitung sowie in (computerunterstützter) Textverarbeitung.
(2) Die schriftlichen Überprüfungen sind dem Schüler spätestens zwei Unterrichtstage vorher, in ganzjährigen oder saisonmäßigen Berufsschulen jedoch spätestens am letzten Unterrichtstag der vorhergehenden Woche bekanntzugeben.
(Anm.: Abs. 3 aufgehoben durch BGBl. Nr. 492/1992)
(4) Die Arbeitszeit einer schriftlichen Überprüfung darf in den allgemeinbildenden Pflichtschulen und in der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen 15 Minuten, in der Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen 20 Minuten, ansonsten 25 Minuten nicht überschreiten.
(5) Die Gesamtarbeitszeit aller schriftlichen Überprüfungen darf in jedem Unterrichtsgegenstand und in jedem Semester folgendes Höchstausmaß nicht überschreiten:
a) in allgemeinbildenden Pflichtschulen 30 Minuten,
b) in der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule 30 Minuten,
c) in der Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schule 50 Minuten,
d) in den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik und den Bildungsanstalten für Sozialpädagogik 50 Minuten,
e) in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen 80 Minuten und
f) in den Berufsschulen 50 Minuten (im gesamten Unterrichtsjahr).
(6) Schriftliche Überprüfungen dürfen nicht an einem unmittelbar auf mindestens drei aufeinanderfolgende schulfreie Tage oder eine mehrtägige Schulveranstaltung folgenden Tag durchgeführt werden. Diese Bestimmung gilt nicht für ganzjährige Berufsschulen.
(7) An einem Schultag, an dem bereits eine Schularbeit oder eine schriftliche Überprüfung in der betreffenden Klasse stattfindet, darf keine weitere schriftliche Überprüfung stattfinden. An Berufsschulen dürfen jedoch zwei schriftliche Leistungsfeststellungen an einem Schultag durchgeführt werden.
(8) Der Tag der Durchführung einer schriftlichen Überprüfung ist vom Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes spätestens am Tag der Durchführung im Klassenbuch zu vermerken.
(9) Die Aufgabenstellungen nach Abs. 1 lit. a sind jedem Schüler in vervielfältigter Form vorzulegen.
(10) Die schriftlichen Überprüfungen sind den Schülern innerhalb einer Woche korrigiert und beurteilt zurückzugeben. Den Erziehungsberechtigten ist Gelegenheit zur Einsichtnahme zu geben, sofern nicht die Wohnorte der Erziehungsberechtigten einerseits und des Schülers andererseits getrennt sind oder es sich nicht bereits um eigenberechtigte Schüler handelt.
(11) Schriftliche Überprüfungen sind unzulässig:
a) in der Volksschule in Bildnerischer Erziehung, Bewegung und Sport, Werkerziehung (Technisches Werken, Textiles Werken) und Geometrischem Zeichnen,
b) in der Hauptschule und in der Neuen Mittelschule in Bildnerischer Erziehung, Geometrischem Zeichnen, Bewegung und Sport und Werkerziehung (Technisches Werken, Textiles Werken),
c) in der Polytechnischen Schule in Bewegung und Sport, Technischem Zeichnen und Werkerziehung,
d) in den allgemeinbildenden höheren Schulen in Darstellender Geometrie, Fremdsprachlicher Konversation, Geometrischem Zeichnen, Bewegung und Sport und Werkerziehung (Technisches Werken, Textiles Werken) sowie in der 1. bis 5. Klasse in Bildnerischer Erziehung,
e) in Berufsschulen in Bewegung und Sport und Praktischer Arbeit und
f) in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen in Bewegung und Sport.
(12) Für Sonderschulen finden die Bestimmungen des Abs. 11 lit. a und b sinngemäß Anwendung. Soweit schriftliche Überprüfungen danach zulässig sind, dürfen sie nur unter Bedachtnahme auf die jeweiligen physischen und psychischen Behinderungen der Schüler durchgeführt werden.
(13) Tests sind in Unterrichtsgegenständen, in denen mehr als eine Schularbeit je Semester vorgesehen ist, unzulässig. An allgemeinbildenden höheren Schulen und an Berufsschulen sind Tests in Unterrichtsgegenständen, in denen Schularbeiten durchgeführt werden, unzulässig.
(14) § 7 Abs. 11 ist sinngemäß anzuwenden. Ist die Wiederholung einer schriftlichen Überprüfung aus inhaltlichen Gründen nicht möglich, so gilt sie als Informationsfeststellung (§ 1 Abs. 2) und ist als Grundlage für die Leistungsbeurteilung nicht heranzuziehen.